Essprobleme - Kinderarzt / pediatra

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Essprobleme

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Mein Kind isst nichts!
Der Großteil der Weltbevölkerung hat das umgekehrte Problem, bei uns aber gibt es genug zu essen und was tun wir? Wir machen ein Problem daraus, eines, das es eigentlich nicht geben sollte. Es beginnt heimlich und wird dann plötzlich unerträglich. Denken wir als erstes alleine über den Satz „mein Kind isst nichts“ nach. Was glauben Sie, was inzwischen geschehen wäre, wenn „nichts“ das bedeuten würde, wofür dieses Wort steht. Also kann man hier bereits erkennen, dass nicht alles so ist, wie es scheint. Allerdings ist ja wirklich ein Problem entstanden, ein sehr großes sogar. Der Beginn liegt ursprünglich im folgenden Umstand: „das Kind isst für die Eltern/Großeltern zu wenig, aber für sich genug!“, war krank, oder hatte einfach einmal weniger Appetit, oder andere sagten, das Kind wäre zu dünn. Genau hier müssen wir ansetzen, um das Problem zu lösen. Ich sehe mich hier als Anwalt der Kinder, verteidige deren Position und versuche dies den Eltern begreiflich zu machen. Setzen Sie sich als Eltern doch einmal in die Lage Ihres Kindes! Haben wir nicht diese Erfahrung als Kind vielleicht sogar selbst gemacht? Wie schlimm war es denn für uns, als wir essen mussten, obwohl wir nicht mehr wollten? Wieso tun wir dies nun unseren eigenen Kindern erneut an? Was nun das Kind jetzt betrifft, so müssen wir oft bis zurück ins frühe Babyalter gehen, weshalb ich den Eltern meiner Patienten bereits zu Beginn eindringlich sage: „Essen ist etwas Schönes, Essen darf nie ein Muss werden, es soll immer Freude bereiten, erst wenn man Hunger verspüren kann, kann man auch so richtig die Freude am Essen wecken. Laufen Sie Ihren Kindern nicht mit dem Essen nach, spielen Sie nicht das gesamte Register, damit der Löffel in den Mund wandert. Es gibt dünne und dicke Babys und lassen wir schlanke Babys schlank bleiben, oder auch zaundürr und wir müssen nie über eine Diät reden! Dann ist es eben nach einem Darminfekt etwas schwächer als ein bummeliges Kind, dafür hat es andere Vorteile. Das Baby, wenn es nicht mehr ausschließlich von Muttermilch ernährt wird, wobei eine Mutter vielleicht nicht abschätzen kann, ob sie noch genügend Muttermilch hat, nimmt sich das, was es für sich braucht. Manchmal nimmt es weniger zu, manchmal mehr. Ein Mensch ist kein Taschenrechner, das Baby muss nicht jede Woche eine bestimmte Menge zunehmen. Die Angaben und die Gewichtskurve widerspiegeln statistische Werte. Manchmal nimmt ein Baby mehr zu, manchmal weniger. Manchmal hat es beim Abwiegen mehr Stuhl, Harn und Speisebrei im Körper, manchmal weniger, wobei dies das Gewicht des Babys stark schwanken lässt, immerhin trinkt es eine Milchmenge, als würde ein Mensch mit 75 kg ca. 13 l Milch am Tag trinken und pro Mahlzeit ca. 2 - 2,5 Liter!! Was hat denn das Abwiegen des Babys nun für einen Sinn? Nur im Zusammenhang mit anderen Symptomen ist es meine Aufgabe als Arzt bei anhaltend geringer Gewichtszunahme zu überlegen, ob das Kind irgend eine Krankheit hat, oder wenn es noch gestillt wird, ob die Muttermilch reicht. In diesem Falle müssen wir dieses Problem lösen, dann nimmt das Kind wieder zu, aber keinesfalls dürfen wir das Kind stopfen, weil es nicht der Gewichtskurve entlang zunimmt!!! Ich schaue doch nicht, ob die Wachstumskurve am Zettel „gesund“ ist, sondern ob das Kind gesund ist! Nur der Umstand, dass das Kind unterhalb der untersten Gewichtskurve ist, sagt überhaupt nicht anderes aus, als dass statistisch gesehen von 100 Kindern 3 Kinder unter der untersten Linie liegen!!!!! Was wollen wir in diesem Falle nun tun? Wollen wir dem Kind, wenn es satt ist, jedes Mal noch einen Löffel in den Mund schieben? Stellen Sie sich vor, Sie gehen mit Ihrem Partner 1 x pro Woche eine Pizza essen und jedes Mal, wenn Sie satt sind und ein Stück zurücklassen wollen, müssen Sie das letzte Stück auch noch aufessen. Sie werden irgendwann sagen, wenn Ihr Partner Sie wieder zum Pizzaessen mitnehmen will: „Mir ist heute schlecht, ich habe Bauchweh!“ Sie werden irgendwann beim Wort Pizza Schweißausbrüche bekommen, so wie das Baby Bauchkrämpfe, wenn es die Mutter mit dem Löffel in der Hand sieht. Das Essen macht keine Freude mehr, es wird zur Qual und das für die ganze Familie. Lassen wir doch ein schlankes Baby dünn sein, wieso muss es denn dicker sein, nur damit es uns besser gefällt? Das Kind will bald nicht mehr essen, weil schon beim Gedanken daran die Übelkeit hochsteigt und die Eltern bekommen Panik, weil das Kind nicht mehr essen will. Bei jeder Mahlzeit spielt sich ein halbes Drama ab und jene Eltern, welche dies durchgemacht haben, können ein Liedchen davon singen. Was sollen wir bloß tun? Und dabei ist die Lösung so einfach, allerdings braucht es Vertrauen, um den Teufelskreis durchbrechen zu können. Wenn wir endlich erkennen, dass wir selbst den Appetit verlieren, wenn wir zum Essen gezwungen werden, dass wir schon ohne Lust an den Tisch gehen und schon wieder essen müssen, wenn wir also erkennen, dass sich die Spirale so dreht, dass wir folglich noch weniger Lust am Essen haben, dann werden die Betroffenen hoffentlich diesen fatalen Teufelskreis verstehen und die Kraft finden, das Kind in Frieden zu lassen.

Es ist sicherlich zu Beginn äußerst schwer für eine Mutter, das Kind beim Essen in Ruhe zu lassen, deshalb versuche ich, durch eine Gewichtskontrolle den Konflikt vorübergehend zu entschärfen und in die Praxis zu verlegen. Meine Therapie lautet bei Kindern ab dem Kindergartenalter folgendermaßen: das Essen wird auf den Tisch gestellt, das Kind nimmt sich selbst zum Essen, über das Essen zu sprechen ist verboten, am Ende darf die Mutter nur fragen, ob noch jemand etwas will und sollte sich niemand melden, wird diskussionslos abgeräumt. Das Kind muss mir bei der Kontrolle berichten, ob es die Eltern geschafft haben, nicht über das Essen zu sprechen. Folgendes bespreche ich auch mit Eltern und Kind: wenn es nachher zum Kühlschrank will um vielleicht ein Wurstbrot zu essen, so gibt es das nicht, vielleicht nur einen Apfel, aber zum Essen gibt es erst wieder zur nächsten Mahlzeit. Da die Freude am Essen nur langsam wieder kommt, kann es sein, dass das Kind vorübergehend noch weniger isst, oder sogar Mahlzeiten auslässt, aber eines kann ich versprechen: es ist noch nie jemand verhungert, der zum Essen angeboten bekam und keine schwere psychische oder organische Erkrankung hatte, oder vielleicht in Hungerstreik trat. Der Hunger kommt und die Freude am essen auch und denken Sie daran, wie schön es sein wird, wenn Sie als Eltern zu Tisch gehen und die Essenssituation völlig entspannt ist, das Essen also wirklich Freude macht! Ein Baby kann sich zwar nicht selbst zum Essen nehmen, aber merken Sie denn nicht, wenn das Kind genug hat, wenn es den Mund zuhält? Machen Sie keine Spielchen beim Essen, nur damit der Mund aufgeht! Lassen wir das Baby den Hunger nur spüren und es wird die Freude am Essen nicht verlieren. Jeder darf etwas nicht mögen, aber wenn ich fast täglich gezwungen werde etwas zu essen, das ich nicht unbedingt sehr gerne habe, dann kann ich irgendwann schon die Farbe dieses Essens nicht mehr sehen. Bekomme ich es vielleicht 1-2 Wochen später nochmals angeboten, mag ich es vielleicht doch, aber bestimmt nicht, wenn dies mir tgl. in den Mund gestopft wird - stellen Sie sich diese Situation vor, um Ihr eigenes Baby zu verstehen. Es kommt oft genug vor, dass das Baby den ganzen Tag und vor allem während des Einkaufens eine Nuggelflasche bei sich hat und süßen Saft trinkt, dass dem Baby ständig Kekse in den Mund gestopft werden, da es ja zu Mittag nichts aß und dann wundern sich die Eltern, dass es zur nächsten Mahlzeit wieder nichts isst. Das Baby hängt gewissermaßen am „Nahrungstropf“ und hat keine Ahnung, was „Hunger haben“ und „mit Freude eine Mahlzeit verspeisen“ heißt. Als Draufgabe haben wir in der Folge ein Kleinkind mit faulen Zähnen! Ein weiterer Grund, bereits das Baby nicht zum Essen zu zwingen ist folgender: es erkennt sofort, wie wichtig den Eltern das Essen ist und sofort weiß es, wie man die Eltern erpresst. Ist die Mami böse, dann bleibt der Mund zu, ätsch! Sie geben Ihrem Baby bereits die stärkste Waffe in die Hand, die es haben kann.
Den Großeltern möchte ich eindringlich sagen, dass sie ihren eigenen Töchtern und Schwiegertöchtern nicht vorschreiben sollen, wie diese ihr Baby ernähren sollen, nicht vorwerfen sollen, dass diese ihr Baby verhungern lassen und dass die Großeltern die Erziehung der Enkelkinder den Eltern der Babys überlassen sollen. Großeltern können so wichtig und hilfreich sein, allerdings keinesfalls als Allesbesserwisser! Großeltern sind nicht mehr verantwortlich für die Erziehung der Kinder ihrer Kinder! Sie dürfen die Enkelkinder verwöhnen, sie können sie genießen, ohne die Erziehung der Eltern zu untergraben, sie können sich endlich Zeit nehmen für die Kleinen, denn sie haben nicht mehr die große Verantwortung der Erziehung. Sie dürfen sich auch von den Enkelkindern etwas „herumkommandieren“ lassen und können es genießen, wenn sich die Enkelkinder unendlich freuen, einmal bei der Großmama übernachten zu dürfen und dann auch das zu tun, was Zuhause nicht geht. Die Kinder wissen bald ganz genau, dass Zuhause eben andere Regeln gelten und können das auch akzeptieren. Großeltern können eine so wichtige und tolle Rolle spielen, aber leider lassen sich einige zum „Allesbesserwissen“ hinreisen. Dabei können sie eine Liebe der Enkelkinder erfahren, welche ihnen selbst wieder ungeahnte Lebensfreude einhauchen kann.
Man nimmt Hilfe gerne an, wenn man darum bittet, aber man nimmt keine Hilfe an, wenn man als hilfebedürftig und schwach gesehen wird und einem Hilfe aufgezwungen wird. Vielleicht braucht man ja gar keine Hilfe und nur der andere glaubt, man hätte diese nötig, weil man nicht so funktioniere wie andere es gerne hätten.
Es kam ja bereits vor, dass eine Großmutter alleine bei mir in der Praxis stand und mich dazu anhalten wollte, dass ich der Schwiegertochter sage, sie solle dem Kind mehr zu essen geben, da das Kind zu dünn sei. Diese Großmutter kommt sicher nicht mehr in meine Praxis. Darf denn ein Kind nicht schlank sein?
Wer das mit dem Essen verstanden hat, hat ein großes Problem weniger und kann sich endlich um die anderen kümmern, so ist das Leben. Es gibt genug andere Probleme in der Erziehung, aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Dr. Alfons Haller

Dr. Alfons Haller / I-39040 Kurtinig / Gartenweg 3 / StNr: HLLLNS62C11A022I / IVA 01754470217
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